Chronik

ATRIDEN

 

im Kultursaal der JVA Tegel

 

Premiere & Festveranstaltung: Freitag, 16. November 2007

Weitere Vorstellungen: 23., 28., 30. November 2007

Mit seinem zweiten Projekt im Jubiläumsjahr 2007 wendet sich aufBruch einem weiteren Mythos der Weltgeschichte zu, dem fluchbeladenen Geschlecht der Atriden. Nach dem Freiluftgefangenentheater-Ereignis im Sommer wählt das Ensemble hierfür erneut den Kultursaal als Spielort in der JVA Tegel.

 

Der ATRIDEN-Stoff birgt eine tragische Familiengeschichte: Die griechische Königs- und Kriegersippe ist geschmiedet an eine Kette von Verbrechen, Rache und Vergeltung. Nach der Niederlage Trojas kehrt Agamemnon, oberster Heerführer der Griechen, nach Argos zurück und wird von seiner Frau Klytaimnestra und seinem Cousin Ägisth ermordet. 15 Jahre später tötet Orest, Sohn Klytaimnestras und Agamemnons, seine Mutter für diesen heimtückischen Mord und bringt damit zu Ende, was ihm vorbestimmt ist. Er nimmt Rache und beseitigt die Herrschaft seiner Mutter und ihres Geliebten. Deren Macht beruhte darauf, dem Volk die Mitverantwortung an der Bluttat zu geben und damit eine Schuldgemeinschaft zu schaffen. Das Volk hat sich in dieser Mitschuld bequem eingerichtet und vom eigenständigen Handeln entbunden. Dieses Prinzip durchbricht Orest, indem er allein die Verantwortung für seine Tat auf sich nimmt und damit das Volk frei spricht.

 

In aufBruch-spezifischer Collagetechnik werden Texte verschiedener Autoren wie Aischylos, Sophokles, Sartre, Anouilh, Hauptmann, Müller, Schütz und der Mitspieler ausgewählt und chorisch oder dialogisch inszeniert. Durch die Authentizität und Internationalität des Gefangenenensembles gewinnt der klassische Stoff in dieser Lesart besondere Relevanz.

 

Regie: Peter Atanassow, Bühne: Holger Syrbe, Kostümidee: Gregor Sturm, Kostümumsetzung: Ildiko Okolicsanyi, Dramaturgie: Jörg Mihan, Körperarbeit: Annett Scholwin, Produktionsleitung: Sibylle Arndt, Presse- & Öffentlichkeitsarbeit: Björn Pätz, Regieassistenz: Asja Neumann, Technik: Ralf Kallweit, Grafik: Alexander Atanassow, Technik: Peter&Paul, Musikalische Einstudierung: Alexander Grebenschek

 

Es spielt das Gefangenenensemble der JVA Tegel:

Albert Bach, Alexander Grebenschek, Atila Dincer, Erdo Baba, Fresh 35, Hakan Bayazit, Hüseyin Okur, Ivan Jakovlev-Pillau, Kurt Lummert, Matthias Donwen, Milan Son, Para Kiala, Peter&Paul, Roman H., Sait Kocak, Sebastian, Timur D., Tuncay, Tupac Shakur, Volker Ullmann, Wolfgang R., Yussef Yussef

Video

Fotos: Thomas Aurin

Jede Art der Verwendung nur nach vorheriger Genehmigung durch aufBruch / Thomas Aurin

www.thomas-aurin.de

Pressestimmen

Sebastian wippt leicht beim Laufen, einfach weil er immer so läuft, und er hat einen unbewegten Gesichtsausdruck. Hier nützt das nichts. Gleich wird Sebastian ermordet, so steht es im Textbuch. Wenn alles vorbei ist und der Applaus verebbt, dann aber kann eine unnahbare Miene wieder hilfreich sein. Das Gefängnistheater Aufbruch erntet viel Anerkennung von externen Zuschauern. In der Männerwelt der Strafanstalt aber, unter Räubern, Betrügern, Dealern und Mördern, gelten eigene Maßstäbe. Da wird zwischen "Schauspieler" und "Schwuchtel" nicht immer getrennt. ... "Am Anfang war Theater hier etwas für Weiber und Schwule", sagt Gefängnissprecher Lars Hoffmann. Das habe sich etwas geändert. Der Leistung des Ensembles werde zunehmend Respekt gezollt. ... Viele der Männer sind nicht zum ersten Mal dabei. Schon allein das ist ein Erfolg für Projekt und Mitspieler. "Wir verlangen einiges", sagt Produktionsleiterin Sibylle Arndt. Sechs Wochen wird geprobt, sechs bis sieben Stunden täglich. Anwesenheit ist Pflicht, Teamgeist sowieso. "Alle müssen sich so akzeptieren, wie sie in der Szene sind, müssen Spannungen aushalten", sagt Arndt. Jeder muss alles mitmachen, muss singen und tanzen. Arndt: "Dafür garantieren wir jedem, egal was er mitbringt, dass er auf der Bühne gut dasteht." (Berliner Morgenpost)

 

Erstklassige Atriden -
Knasttheater setzt Maßstäbe für andere Bühnen

Die Erneuerung des Theaters findet im Gefängnis statt. Für die Berliner Theaterlandschaft darf man die These wagen. Während manche Bühnen sich dem wohlgefälligen Diskurstheater hingeben, andere Museumsstücke abliefern, die dritten ihr Heil in der Stakkatoproduktion des Halbfertigen suchen und allen gemeinsam die Suche nach dem Wohlgefallen in Szenen und Subszenen ist, geht es im Tegeler Knast um die alten, heftigen Kategorien: um Schuld, Verantwortung, Rache und Sühne. ...
... Entscheidend ist, dass jeder Spieler der Bedeutung seiner Worte nachhorcht und breitbeinig in jeden Konflikt geht. Auf der Tegeler Bühne ist kein Platz für Alternativen. Die Strategie der Schwächeren ist der Humor. Daher ist dieses famose Stück Theater mit den besten Ingredienzien versehen, die echtes Leben bietet. Die Tegeler Atriden sind ein Erlebnis.

 

 

zurück

Spielort:
JVA Tegel
Seidelstr. 39 / Tor 2
13507 Berlin
BVG-Anfahrt: U-Bahn-Linie 6 Otisstr.
/ Holzhauser Str.

 

Zurück