Chronik

Max und Moritz. Eine Winterreise.

Eine Theaterproduktion von aufBruch im Rahmen des kulturellen Bildungsprojekts winterREISE – HipHopOperFilmTheater im Jugendknast.

 

Premiere: Montag, 12. März 2012
Vorstellungen: 14., 16., 21. und 23. März 2012

Max und Moritz machten beide,
Als sie lebten, keine Freude:
Bildlich siehst du jetzt die Possen,
Die in Wirklichkeit verdrossen,
Mit behaglichem Gekicher,
Weil du selbst vor ihnen sicher.

Das Schicksal der beiden bösen Buben Max und Moritz kennt jeder. Angesichts des unverbesserlichen Bürgerschrecks gibt es für die braven Bürger in Wilhelm Buschs Bildergeschichte nur den Ausweg, die beiden zu zerhäckseln. Heute werden unverbesserliche Buben weggeschlossen und mit viel Aufwand von therapeutisch und pädagogisch geschultem Personal auf den rechten Weg gebracht. Wilhelm Busch erkannte lange vor Freud, dass das Kind ein hemmungsloses Triebwesen ist, das keine Rücksicht kennt. Doch ab wann ist ein Heranwachsender juristisch zur Verantwortung zu ziehen für seine Taten? In dem Jugendstück „Stones“ wird ein authentischer Fall geschildert: Ein Autofahrer, der mit Steinen beworfen wurde, kommt zu Tode. Die Täter waren zwei minderjährige Jungen. In der Gegenüberstellung von „Max und Moritz“ mit „Stones“ scheint eines unveränderlich: Aus Streichen kann blutiger Ernst werden, aus Spaß ein Verbrechen – damals wie heute.

 

Die Inszenierung ist der Auftakt eines dreijährigen Cross-Culture-Projekts in der Jugendstrafanstalt Berlin: Franz Schuberts „Winterreise“ als Rap-Song-Zyklus. Die romantischen Lieder aus dem Jahr 1827 liefern die Themen und die musikalische Rahmung der Inszenierung und bieten eine Vielfalt an Motiven für die Auseinandersetzung der Inhaftierten mit ihren persönlichen Erfahrungen mit Einsamkeit, Ausgrenzung, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Hoffnung, verbunden mit der Frage nach Schicksal und Schuld und der Suche nach Sinn und Halt im Leben.

 

Vierzehn Jugendliche trainieren unter professioneller Anleitung in einem achtwöchigen Probenprozess die Umsetzung der aufBruch-Collage aus den Bubenstreichen und dem zeitgenössischen Drama. Sowohl die szenische, chorische, musikalische als auch choreografische Arbeit fordert die Authentizität der jungen Spieler heraus.

Aber das bedenke stets:
Wie man's treibt, mein Kind, so geht's.
Wilhelm Busch

Es spielt das Gefangenenensemble von aufBruch in der Jugendstrafanstalt Berlin: Casanova, Ciko, Fayez-44, Fremd, Krim, Kurdi 49, Mehmet, Nader, Pablo, Polski, Sali, Samir, Uncle S.a.m., Welat

 

Künstlerisches Team: Peter Atanassow, Jörn Hedtke a.k.a. kronstädta , Sibylle Arndt, Holger Syrbe, Anne Schaper-Jesussek, Raphael Hillebrand, Jörg Mihan, Carolin Forkel, Anna Galt, Christopher Scheichen-Ost, Julia Kleinknecht, Alexander Atanassow

 

Gefördert im Rahmen des XENOS-Programms „Integration und Vielfalt“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds sowie aus Mitteln des Regierenden Bürgermeisters von Berlin - Senatskanzlei - Kulturelle Angelegenheiten Unterstützt durch JSA Berlin, JVA Tegel, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, zitty Berlin

Video

Fotos: Copyright Thomas Aurin.
Jede Art der Verwendung nur nach vorheriger Genehmigung durch aufBruch / Thomas Aurin

www.thomas-aurin.de

Pressestimmen

Wieder einmal hat Peter Atanassow, Leiter und Regisseur des aufBruch-Gefängnistheaters, ein Wunder bewirkt und aus elf völlig verschiedenen jungen Männern, die meisten türkisch- oder arabischstämmig, ein funktionierendes Ensemble geschmiedet.
(...)

Von den 20 Jungs, die zu Anfang mitmachen wollten, blieben elf, die nun auf der Bühne stehen.
Die bringen dafür eine erstklassige Leistung. Vor einer Graffitiwand im Kultursaal des Jugendknastes sprechen und spielen die Jungs mal abwechselnd, mal chorisch die "Max und Moritz"-Reime, unterlegt durch wummernde Hip-Hop-Rhythmen, die auf Schuberts "Winterreise" basieren. Das hat durchaus Witz, etwa wenn einer der Strafgefangenen sich ein Kopftuch umlegt und mimisch die Witwe Bolte gibt.
(...)

Buschs wiederkehrender Reim "Aber das bedenke stets: Wie man's treibt, mein Kind, so geht's" wird zum Leitmotiv des Stücks - und führt zur Frage, ab wann und unter welchen Umständen jemand voll für seine Taten verantwortlich ist.
Neues Deutschland

 

(zum Artikel)

 

Max und Moritz diese beiden... das sind in der sehr freien Wilhelm-Busch-Adaption elf böse Buben. Aus der Gruppe heraus feuern sie sich gegenseitig zu "Streichen" an, stellen offen Imponier-Gehabe zur Schau. In schwarzen Cargohosen, Kapuzenjacken, Basecaps und Turnschuhen tollen sie um ein Graffiti-überzogenes Abflussrohr, das auch als Brücke funktioniert, und in rollende Einzelteile auseinandergenommen, als Auto. Was sie allerdings in kurzen knappen Szenen nachstellen, ist kein böse-Buben-Streich, sondern der Anschlag mit Steinen von einer Brücke auf fahrende Autos mit Todesfolge.
(...)

In den gekonnten Ausdruckstänzen der jungen, überwiegend arabisch- und türkischstämmigen Männer steckt viel Wucht - und auch Wut. Die grotesken Figuren nach Wilhelm Busch dienen als komisches Gegengewicht und Katalysator. Es ist hinreißend, wie einer, nur durchs Kopftuch kenntlich gemacht, gestisch und mimisch die Witwe Bolte auf den Punkt bringt.

(...)

Einmal mehr haben Regisseur Peter Atanassow und sein künstlerisches Team aus sichtbar sehr unterschiedlichen jungen Männern in achtwöchigen Proben ein Ensemble geschmiedet, dessen animiertem Spiel mit bitterem Ernst das Publikum von draußen sehr gerne zuschaut.

 

 

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Spielort:
JSA Berlin (Kultursaal)
Friedrich-Olbricht-Damm 40 - Pforte 3
13627 Berlin

 

S-Bahn Beusselstraße
Bus 123 Friedrich-Olbricht-Damm/Heckerdamm

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