Workshops

BÜNDNIS BÜHNE: Theater 2.0

Theaterworkshop im Jugendstrafvollzug

im Rahmen des ASSITEJ-Förderprogramms „Wege ins Theater“ und des Bundesprogramms „Kultur macht stark - Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

 

Zeitraum: Februar - April 2016

Zwischen Februar und April 2016 erhielten jugendliche Inhaftierte der JSA Berlin die Möglichkeit, an einem Theaterworkshop teilzunehmen.

Ziel des Workshops war es, Insassen der JSA das Medium "Theater" vorzustellen und ihnen einen ersten Einblick in die abwechslungsreichen Möglichkeiten des Ausdrückens zu geben, die es auf der Bühne zu entdecken gibt. In verschiedenen Einheiten wurden Grundkenntnisse der Theaterarbeit vermittelt und auf der Bühne ausprobiert.

 

Um den Insassen den Zugang zum Theater zu erleichtern, standen stets unterschiedliche Arbeitsaufgaben zur Verfügung, sodass jeder sich nach seinen persönlichen Talenten leicht einbringen konnte (Tanz und Körpersprache, Musik und Schauspiel, Dramaturgie und Technik).

Der Schwerpunkt hier lag auf einer Schreibwerkstatt als künstlerische Einheit, um die literarische und szenische Arbeit zu verzahnen.
Die Teilnehmer wurden angeleitet, einzeln und gemeinsam Texte zu verfassen, diese erneut umzustrukturieren und auf individuelle Weise ganz verschieden darzustellen.

 

Durchgeführt wurde der Workshop von erfahrenen Künstlerlnnen aus dem Bereich Theater und kreatives Schreiben. Fachlich unterstützt wurden die DozentInnen von Studierenden der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin, die den Workshop begleiteten und auswerteten.
Im Rahmen einer internen Präsentation stellten die Teilnehmenden das Erlernte vor ausgewählten externen Gästen und AnstaltsmitarbeiterInnen am 10.April 2016 im Mehrzwecksaal der JSA Berlin vor.


Gefördert im Rahmen des ASSITEJ-Förderprogramms „Wege ins Theater“ im Rahmen des Bundesprogramms „Kultur macht stark - Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Unterstützt durch die Jugendstrafanstalt Berlin und die Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin.

 

 

Enstandene Texte (Auswahl)

SCHREIBWERKSTATT

Der Schwerpunkt des Workshops lag neben der szenischen Arbeit auf dem Schreiben als künstlerisches Element. Die Teilnehmenden setzten sich schriftlich auf unterschiedlicher Weise mit Vater-Sohn Beziehungen auseinander.

THEMA: Braucht man einen Vater im Leben?

 
Einen Vater braucht man, denn er und Mama sind diejenigen, die mich erziehen. Und wenn mich allein nur meine Mutter großzieht, ist das schwer für sie, weil sie selbst für mich arbeiten geht um mich (uns) zu ernähren und ohne Vater ist das zu viel für Mama.
Jetzt warte ich, bis ich rauskomme, um meinen Vater zu suchen, damit ich ihm eine Frage stellen kann. Sobald ich die Antwort bekomme, hau ich ab. Denn so wie er die 13 Jahre nicht an meiner Seite war, so möchte ich das in Zukunft auch nicht.
Für mich ist und bleibt Mama die Beste, so eine Liebe, die meine Mutter mir gibt, kann keine andere Frau mir geben. Deswegen liebe ich meine Mutter mehr als alles andere. Sie an meiner Seite zu haben, ist sehr schön.

In meinen Augen braucht man keinen Vater um aufzuwachsen. Eine Mutter schon. Eine Mutter zeigt einem was man braucht im Leben. Sie zeigt einem, wie man spart, wie man im Leben zurechtkommt. Die Mutter ist wie ein Vorbild, sie lebt einem vor wie man selbst später lebt. Mein Vater war viel unterwegs, ich habe wenig Zeit mit ihm verbracht. Wäre er öfter da gewesen hätte er auch ein Vorbild sein können.

Doch, man braucht einen Vater. Weil er mir die Grenzen zeigt. Und mir auch vieles beibringen kann. Wie man U-Boot fährt und einen Helikopter oder F-16 Kampfjet fliegen kann. Und wie man ums Überleben kämpft. Er bringt mir bei, wie ein Mann zu sein.

Mein Vater hat acht Kinder großgezogen.
Mein Vater liebt die Arbeit.
Mein Vater ist immer bei meiner Familie, sagt den Kindern immer, ihr müsst lernen, arbeiten und keine Scheiße machen.
Mein Vater liebt das Schwimmen. Jedes Wochenende geht er zum See.
Er führt ein Leben, wie ich es leben will.

THEMA: Brief an meinen Vater

Sehr geehrter Papa,

du fragtest mich, warum ich so bin. Wieso ich all die Dinge in der Vergangenheit getan habe. Ob ich wirklich dein Sohn bin oder bei der Geburt vertauscht wurde, ein Kuckuckskind bin. Ich will deine Bedenken beantworten. Ja, ich bin dein Sohn, ich habe deine Eigenschaften und deine Interessen. Nur bin ich anders und gestalte mein Leben so, wie es mir gefällt und nicht nach deinen Vorstellungen. Ich weiß, dass es manchmal nicht der richtige Weg ist, den ich gehe, aber mit den Fehlern lerne ich. Ich sage nicht, dass deine Meinung mir egal ist, ich wünsche sogar, dass du mir deine Erfahrungen und deine Weisheit mitgibst, aber bitte nicht als Befehl.

In Liebe, dein Sohn.
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Hallo Vater,

Du kennst mich vielleicht, ich dich aber nicht. Wieso warst du nie für mich da? Das frage ich mich immer wieder. Ich habe vieles von dir gehört. Gutes und Schlechtes, aber das alles ist mir egal. Ich möchte dich kennen lernen und wissen wie du aussiehst und bist. Ob du mich liebst. Schreib mir bitte zurück. Ich muss dir vieles erzählen. Und sag mir ehrlich, ob du mich überhaupt sehen willst.

Dein Sohn.
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Hallo Papa,

ich bin´s, dein Sohn. Mir geht es gut, frage mich was du so machst. Ich habe dich vermisst. Vermisse die alten Zeiten, wo wir noch zusammen angeln waren. Wir hatten viel Spaß zusammen. Du brauchst dir keine Sorgen machen, mir geht’s im Knast gut. Es ist nur ein bisschen schwer, dass wir getrennt sind, aber ich hoffe, dass ich bald wieder frei bin, und dass wir den Spaß nachholen können.

Alles wird gut.

Dein Sohn.
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Papa,

ich kenn dich nicht, aber ich möchte gerne wissen wie du aussiehst; ob du die gleichen Augen hast wie ich, ob wir uns ähnlich sehen, bestimmt bist du auch so schlau wie ich, hast so viel Erfolg wie ich. Hoffentlich geht’s dir gut. Du hast bestimmt eine neue Familie aber naja, melde dich.

Dein Sohn.

Reflektionen (Auswahl)

Während des laufenden Projekts erhielten die Teilnehmenden die Möglichkeit,
ihre Erfahrungen in Einzel- und Gruppengesprächen zu reflektieren.


FRAGE: Was habt ihr bisher in der Gruppe gemacht?

M.: Wir haben im Team gearbeitet. Wir haben gut zusammengehalten. Wir waren zuverlässig, kann man so sagen. Fleißig.

FRAGE: Was würdest du sagen hattet ihr für Herausforderungen bis jetzt? Und wie habt ihr diese in der Gruppe gelöst?

B.: So in einer Gruppe sich zu trauen eine Rolle zu spielen, ist nicht so einfach für alle. Zu schreiben ist auch anstrengend, man muss sich konzentrieren. Manchmal, wenn es laut ist in der Gruppe, ist es schwer. Man lenkt sich ab. Aber im Endeffekt klappt es auch. Weil wir immer kommen und mitmachen, obwohl es manchmal nervt oder stresst.

FRAGE: Hast du etwas gelernt in dem Workshop was du vorher nicht konntest?

M.: Ja, ich bin eigentlich einer, der sich nicht auf andere verlässt. Ich verlasse mich nur auf mich. Aber in so einer Gruppe geht das nicht, man muss schon zusammen arbeiten.

C.: Ja, wenn wir irgendwas 1000 Mal wiederholt haben, habe ich mich gefragt, was ich da mache. Aber ich habe dann trotzdem weiter gemacht.

FRAGE: Bleibst du bei einem Projekt, wenn du dich einmal dafür entschieden hast?

A.: Ja, ich wollte das. Auch wenn manchmal was gestört hat. In meinem Kopf war, dass ich das durchziehe.

B.: Ja, ich zieh´s durch. Immer. Eigentlich bemühe ich mich was anzufangen und durchzuziehen. Wie bei Theater, ist auch manchmal zu lang und langweilig, aber man geht hin, zieht es durch.

 

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Ort:
JSA Berlin (Kultursaal)
Friedrich-Olbricht-Damm 40 - Pforte 3
13627 Berlin

 

Anfahrt:
S-Bahn Beusselstraße
Bus 123 Friedrich-Olbricht-Damm/Heckerdamm

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